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Gerd Buurmann und Burkhard Schmiester lesen den Dialog von Denis Diderot – eine Veranstaltung der Universitätsbibliothek Hagen und der Deutsch-Französischen Gesellschaft Hagen e.V. am Dienstag, 22. März 2011, 19 – 21 Uhr (Eintritt frei). Die Veranstaltung findet in der Ellipse im ehemaligen TGZ der FernUniversität statt (Universitätsstraße 11, 58097 Hagen).
Der Erzähldialog "Rameaus Neffe" von Denis Diderot (1713-1784) spielt im Paris des 18. Jahrhunderts. Der Erzähler, ein Philosoph, führt ein Gespräch mit einem Bekannten, der ihn zugleich anzieht und abstößt. Es handelt sich um den Musiker Jean-François Rameau, den Neffen des bekannten Komponisten Jean-Philippe Rameau. Dieser Neffe ist ein Zyniker, der wortgewandt, witzig, pantomimenreich und ohne Schamgefühl seine parasitäre Existenz und Amoralität enthüllt. Rameau beschreibt schonungslos den Widerspruch zwischen den bürgerlichen Tugenden und der realen Gesellschaft. Diese, so zeigt sich, inszeniert ein Maskenspiel, bei dem sich die Niedertracht auszahlt. Argumentiert der selbstüberhebliche Philosoph zunächst aus einer Position moralischer Überlegenheit, so verwickelt ihn Rameau bald immer stärker in Widersprüche. Die Sittlichkeit des Ich-Erzählers und Philosophen erweist sich als abstrakt, denn eine Existenz außerhalb der entfremdeten Gesellschaft erscheint nicht vorstellbar. Und wäre sie überhaupt wünschenswert?
Denis Diderot hatte als Mitarbeiter der "Encyclopédie" unter der Zensur im absolutistischen Frankreich zu leiden. Deshalb konnte er es nicht wagen, einen Text von einer so subversiven Sprengkraft wie "Rameaus Neffe" zu veröffentlichen. Der Dialog erschien erst 1805 in der deutschen Übersetzung Johann Wolfgang von Goethes. Das Werk fand einen unerhörten Nachhall. G.W.F. Hegel nutzte "Rameaus Neffe" in der "Phänomenologie des Geistes" zur Diagnose der Moderne, Romantiker wie E.T.A. Hoffmann entwickelten in Diderots Nachfolge ihren Geniebegriff, Michel Foucault interpretierte in seinem Buch "Wahnsinn und Gesellschaft" den Dialog als Dokument der Nachtseite der Aufklärung.
Gerd Buurmann und Burkhard Schmiester lesen "Rameaus Neffe" in einer Übersetzung, die der Dramatiker Tankred Dorst 1963 für das Theater geschrieben hat.